01 März

Entsteht ein Urlaubsanspruch auch bei einem Ruhen des Arbeitsverhältnisses?

Das Praxisproblem:

In der Vergangenheit hat der europäische Gerichtshof mit seinen Entscheidungen über die Dogmatik des deutschen Urlaubsrechts viele Fragen aufgeworfen.

Sowohl auf Arbeitgeberseite als auch Arbeitnehmerseite stellte sich die Frage, ob während des Ruhens eines Arbeitsverhältnisses, beispielsweise wegen des Bezugs einer befristeten Erwerbsminderungsrente, ein Anspruch auf Erholungsurlaub entsteht und ob dieser verfällt oder zumindest hinsichtlich des gesetzlich geregelten Mindesturlaubsanspruchs übertragen wird.

Die Entscheidung:

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit seiner Entscheidung, Urteil vom 07.08.2012 - 9 AZR 353/10 für Rechtssicherheit gesorgt.

In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Fall war die als Schwerbehinderte anerkannte Klägerin in der Zeit von Juli 2001 bis März 2009 bei der Beklagten angestellt beschäftigt.

Im Jahr 2004 erkrankte sie und bezog ab Dezember 2004 eine befristete Rente wegen Erwerbsminderung und nahm bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses ihre Tätigkeit bei der Beklagten nicht mehr auf.

Die Klägerin hatte mit dem Klageverfahren die Urlaubsabgeltung von 149 Urlaubstagen aus den Jahren 2005-2009 mit insgesamt fast 19.000,00 € brutto beansprucht.

Die Vorinstanzen haben der Klage bezüglich der Urlaubsabgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs und des Zusatzurlaubes für schwerbehinderte Menschen stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung von 13.400,00 € brutto verurteilt, die Klage wurde im Übrigen hinsichtlich des tariflichen Mehrurlaubs abgewiesen.

Das BAG entschied nun, dass der Urlaubsanspruch in den Jahren 2005-2007 zwar trotz des Ruhens des Arbeitsverhältnisses entstanden ist. Diesen Urlaubsanspruch und damit die Urlaubsabgeltung könne die Klägerin jedoch nicht beanspruchen, da dieser Urlaub verfallen sei. Der Klägerin wurde lediglich eine Urlaubsabgeltung für die Jahre 2008 und 2009 zugesprochen.

Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts ist bei langjährig arbeitsunfähigen Arbeitnehmern § 7 Abs. 3 S. 3 des Bundesurlaubsgesetzes, wonach im Fall der Übertragung der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden muss, so auszulegen, dass der Urlaubsanspruch 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres verfällt.

Mit dieser Entscheidung stellt das Bundesarbeitsgericht fest, dass im Fall des ruhenden Arbeitsverhältnisses die Urlaubsansprüche der erkrankten Arbeitnehmer nicht auf unabsehbare Zeit angehäuft werden können und zwar auch nicht der gesetzlich geregelte Mindesturlaubsanspruch.

Die Praxisempfehlung:

In Arbeitsverträgen sollte darauf geachtet werden, dass zwischen dem Mindesturlaubsanspruch und dem gegebenenfalls vertraglich gewährten Mehrurlaubsanspruch unterschieden wird.

So kann auch für den Fall der Erkrankung - ohne Vorliegen des Ruhens des Arbeitsverhältnisses - vereinbart werden, dass der vertraglich vereinbarte Mehrurlaubsanspruch zum Ende eines jeden Jahres verfällt.

Des Weiteren sollte der Arbeitsvertrag Ausschlussfristen enthalten, in denen der Arbeitnehmer verpflichtet ist, seine Ansprüche geltend zu machen.

Auch hier ist darauf zu achten, dass die aktuelle Rechtsprechung berücksichtigt ist und die Arbeitnehmer durch etwa zu kurz bemessene Fristen nicht unangemessen benachteiligt werden.

Gerne überprüfen wir Ihre Arbeitsverträge und passen diese an die aktuelle Rechtsprechung an!

Ihre Ansprechpartner in allen Fragen des Arbeitsrechts:


Beate Puplick, Fachanwältin für Arbeitsrecht
Cordula Zimmermann, Fachanwältin für Arbeitsrecht

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